Trunkenheit im Strassenverkehr gem. § 316 StGB von Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart - Tilo Neuner-Jehle

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Trunkenheit im Strassenverkehr gem. § 316 StGB

Trunkenheit im Strassenverkehr § 316 StGB

Tatbestand:

 

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315d) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

Strafzumessungsgrenzen:

 

Eine strafrechtlich relevante Trunkenheitsfahrt kommt ab

 

0,3 Promille
in Betracht, wenn weiter ein alkoholtypisches Fahrverhalten an den Tag gelegt wird (Schlangenlinien).

 

0,5 – 1,09
Promille im Regelfall Ordnungswidrigkeit. Verstoß € 500,- Geldbuße, 1 Mon FV und 4 Punkte

Mitwirkung am Atemalkoholtst ist immer freiwillig. Bei Weigerung aber Blutentnahme.

 

1,1 Promille
ist die absolute Fahruntüchtigkeit erreicht. Auch ohne weitere Auffälligkeiten Immer Straftat. Mindestens 6 Mon. Fahrerlaubnisentzug und 7 Punkte, bei Widerholungstätern hohe Geldstrafe oder Freiheitsentzug und MPU (=Idiotentest).

 

Bei Trunkenheitsdelikten und Ersttat sind TS zwischen 40 und 60 üblich.

In ein polizeiliches Führungszeugnis werden nur Geldstrafen von mehr als 90 TS, oder mehr als 3 Mon. Freiheitsstrafe eingetragen.

Erläuterung:

 

Auch hier ist geschütztes Rechtsgut die Sicherheit des Straßenverkehrs. Wichtige korrespondierende Vorschrift stellt § 24 a StVG (0,5 Promile-Grenze) dar. Dieser Straftatbestand greift immer als Auffangtatbestand ein, wenn eine Trunkenheitsfahrt vorgelegen hat, ohne konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer, oder deren Sachen von bedeutendem Wert. Hier steht alleine die Trunkenheitsfahrt (aber auch Drogen, etc.) unter Strafe.

Bedeutsam ist, wann es zur Verurteilung kommen kann, wenn der Angetrunkene nur im Fahrzeug sitzt. Es genügt nach der Rechtsprechung schon, wenn das Fahrzeug in Betrieb genommen wurde, um es in Bewegung zu setzen. Hierzu genügt, das Fahren ohne eingeschalteten Motor,Anlassen des Motors, Lösen der Handbremse, oder Einführen des Zündschlüssels.

 

Bei der Fahruntüchtigkeit wird unterschieden in:

 

Absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,1 Promille

Ist erreicht bei einer Promillezahl ab 1,1, egal, ob Autofahrer, Motorrädern, Mopeds, Roller, oder Mofas. Ausnahme beim Fahrradfahren, hier ist die Grenze erst 1,68 Promille erreicht, ab welcher der Führerschein entzogen wird.

 

Relative Fahruntüchtigkeit von 0,3 – 1,09 Promille

Hier müssen noch weitere Umstände hinzutreten, dass die Fahruntüchtigkeit zugrunde gelegt wird. Dies kann in der Person des Fahrers liegen (äußerlich erkennbare Ausfallerscheinungen), verkehrswidriges Verhalten (ungewöhnliche Fahrfehler, leichtsinniges Verhalten, Schlangenlinie, etc.)

Ansonsten handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit.

 

Andere berauschende Mittel:

Hier sind in erster Linie Medikamente (Kopfschmerztabletten, Nasensprays, etc) und Drogen Heroin, Haschisch, Ecstasy u.a.) zu nennen. Allein die Feststellung des Drogenkonsums rechtfertigt jedoch noch nicht die Annahme der absoluten Fahruntüchtigkeit, es müssen weitere Auffälligkeiten hinzukommen (Fahrfehler, etc.)

Die Annahme der Fahruntüchtigkeit nach Haschischkonsum benötigt weiter die Feststellung von drogenbedingter Ausfallerscheinung.

 

Geistige, körperliche Mängel

Hierunter fallen Krankheiten, welche eine auch plötzliche Verkehrsuntüchtigkeit mit sich bringen, jedoch auch altersbedingte Leistungsdefizite. Auch Übermüdung ist hier zu nennen.

 

Vorsatz und Fahrlässigkeit

 

Eine vorsätzliche Trunkenheitsfahrt ist gegeben, wenn der Fahrer seine rauschbedingte Fahrunsicherheit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt.

Hierfür muss ein Richter dies tatsächlich feststellen, alleine die Höhe der Promille-Zahl reicht hierfür nicht aus.

 

Fahrlässige Begehungsweise ist jedoch regelmäßig gegeben. Es genügt, wenn der Fahrer den Alkohol bewusst zu sich genommen hat.

 

Strafzumessung:

 

Strafbarkeit beginnt ab 0,3 Promille.

Werden ab dieser Promille-Zahl Fahrfehler begangen kommt es zu verkehrsrechtlichen Sanktionen. Fahrfehler sind u.a.:

-              Schlangenlinien fahren

-              Rotlichtverletzung

-              anfahren mit durchdrehenden Reifen

-              Rotlichtverletzung

-              Fahren ohne Licht bei Dunkelheit

 

Strafbarkeit ab 0,5 Promille:

Die Sanktion besteht hier auch ohne Fahrfehler in Form eines Bußgeld-bescheides mit Fahrverbot und Flensburger Punkten. Siehe hier auch Bußgeldkatalog.

Kommen Fahrfehler hinzu gilt das unter „ab 1,1 Promille“ Gesagte.

 

Strafbarkeit ab 1,1 Promille:

Unabhängig ob noch ein Fahrfehler vorliegt, wird die Fahrunfähigkeit vermutet. Hier droht Fahrerlaubnisentzug (ab 6 Monaten), hohe Geldstrafen. Je nach Einzelfall kann es hier auch zu Freiheitsstrafen kommen. Weiter kommen 7 Flensburger Punkte hinzu.

 

Strafbarkeit ab 1,6 Promille:

Hier gilt das unter Strafbarkeit ab 1,1 Promille Gesagte.
Allerdings ist hier mit der Anordnung eines sog. MPU´s (Idiotentest) zu rechnen.

Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt § 316 I StGB

Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt § 316 I StGB

BGH -4 StR 401/14- = NZV 2015, 400

  1. Ob der Täter des § 316 StGB bedingten Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit hat, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen (Festhaltung BGH 09.05.1990 -3 StR 112/90). Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunenheit im Verkehr setzt daher voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet. Maßgeblich ist, ob der Fahrzeugführer eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügt. Absolute Grenzwerte müssen vom Vorsatz nicht mehr umfasst sein, da es sich bei ihnen nicht um Tatbestandsmerkmale handelt, sondern um Beweisregeln.
  2. Vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes muss der Tatrrichter -wie vom Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale auch- auf der Grundlage einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände überzeugen (§ 261 StPO). Dabei hat er in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einzubeziehen, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes infrage stellen könnten (Festhaltung 22.03.12 -4 StR 558/11; BGHSt 57, 183). Andererseits ist er in diesem Zusammenhang auch durch den Zweifelssatz nicht gehalten, zugunsten des Täters Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind (Festhaltung BGH 22.01.2008 -5 StR 253/07, NStZ 2008, 575). Unter welchen Voraussetzungen er zu welchen Schlussfolgerungen und Überzeugung kommen muss, kann ihm nicht vorgeschrieben werden; an Beweisregeln ist er insofern nicht gebunden. Der tatrichter hat aber den Grad der Alkoholisierung mit dem ihm zukommenden Gewicht -für sich genommen oder zusammen mit anderen Indizien- in seine Überzeugungsbildung vom Vorliegen bedingt vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns einzubeziehen.

MPU bei 1,6 Promille Fahrradfahrt auch ohne Führerschein

Untersagung des Führens von Fahrzeugen nach Alkoholfahrt mit einem Fahrrad

OVG Koblenz Urt.v. 17.08.2012 - 10 A 10284/12- NJW 2012,3388

Auch einem Fahrradfahrer, der eine Fahrerlaubnis für Fahrzeuge nicht besitzt, ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU-Test) aufzugeben, nachdem er mit einer BAK von 1,6 Promille oder mehr mit einem Fahrrad im Straßenverkehr aufgefallen ist.

Achtung:

 

Leistungskürzung und Regressbegrenzung

AG Bochum -5 S 102/11- (ZfS 2012,573

 

Ist aufgrunde iner Alkoholfahrt mit einer BAK von 0,95 Promille eine Quotierung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der beklagten Versicherung vorzunehmen, so hat die Quotierung keine Anwendung auf das Regresslimit von € 5. 000,- zu finden. Vielmehr muss zunächst der durch den Versicherer regulierten Gesamtschaden gequotelt werden und kann dann erst in einem zweiten Schritt die Begrenzung auf den Höchstbetrag erfolgen.



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