Vorbesitzer im Autokaufrecht von Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart - Tilo Neuner-Jehle

Anwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart Tilo C.L. Neuner-Jehle

 

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Vorbesitzer im Autokaufrecht

Häufig taucht beim Erwerb eines gebrauchten Fahrzeugs die Frage nach der Anzahl der Vorbesitzer auf.

Regelmäßig weisen auch Musterkaufverträge eine Rubrik aus, in welcher die Anzahl der Vorbesitzer einzutragen sind.

 

Achtung:

Hier wird vom Verkäufer eines Fahrzeuges verlangt, dass er wahrheitsgetreu die richtige konkrete Anzahl der Vorbesitzer einträgt und nicht nur die sich aus der Zulassungsbescheinigung Teil II ergebenden Vorbesitzer.

 

Stellt sich im Anschluss des Verkaufes des Fahrzeuges heraus, dass er den Käufer des Fahrzeuges nicht richtig informiert hat und nur eine geringere Anzahl von Vorbesitzer in den Kaufvertrag eingetragen hat, so berechtigt dies den Käufer des Fahrzeuges vom Kaufvertrag zurückzutreten, gegebenenfalls den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.

 

Es kommt hier insbesondere auch darauf an, in wieweit der Verkäufer dem Käufer des Fahrzeuges bereits vor Abschluss des Kaufvertrages die Fahrzeugpapiere, insbesondere die Zulassungsbescheinigung Teil II ( vormals Fahrzeugbrief) zur Einsicht übergeben hat und erst hier nach der Kaufvertrag geschlossen wird.

 

Wird vom Verkäufer des Fahrzeuges eine bestimmte Anzahl von Vorbesitzer in den Kaufvertrag eingetragen und die Fahrzeugpapiere erst nach Abschluss des Kaufvertrages an den Käufer übergeben, aus welchen sich sodann eine höhere Anzahl von Vorbesitzer ergibt, so ist regelmäßig gerechtfertigt, dass der Käufer des Fahrzeugs den Rücktritt vom Kaufvertrag mit hinreichenden Erfolgsaussichtenerklären kann, wenn er den Kaufvertrag in Kenntnis der Mehrzahl der Vorbesitzer nicht geschlossen hätte.

Hierfür ist allerdings der Verkäufer des Fahrzeuges beweisbelastet, wobei ihm dieser Beweis im Regelfall nicht gelingen wird.

 

Falsche Angabe über Anzahl der Vorbesitzer im Kaufvertrag für Gebrauchtwagen:

Beschluss OLG Stuttgart v. 28.02.2022 -5 U 52/22-

 

Dem Käufer eines Gebrauchtfahrzeuges steht ein Anspruch auf Rückübereignung des Fahrzeuges Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises nach §§ 280 I, 311 II Nr. 1, 241 II BGB zu, im Falle der Verkäufer des Fahrzeuges seine vorvertragliche Pflicht verletzt, den Kläger darüber aufzuklären, dass er das Fahrzeug nicht bei dem in der Zulassungsbescheinigung Teil II als Vorhalte eingetragenen Vorbesitzer erworben hatte, und das Fahrzeug weitere 2 Halter hatte, die nicht in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen waren.

 

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH Urt. v. 13.06.2007 -VIII ZR 236/06, NJW 2007, 3057; BGH Urt. v. 16.12.2009 -VIII ZR 38/09, NJW 2010, 585) besteht bei Vertragsverhandlungen für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln könnten und daher seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann.

Ein solcher für den Käufer eines Gebrauchtwagens wesentlicher Umstand liegt darin, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst kurz zuvor von einem „fliegenden Zwischenhändler“ erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet, den ohne einen entsprechenden Hinweis geht der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen hat, der als letzter Halter in dem Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist (BGH, Urteil v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858).

 

Es besteht im Fall des Zwischenerwerbs von nicht in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragenen Personen insbesondere auch die gesteigerte Gefahr, dass ein Fahrzeug, das einen Unfall erlitten hatte, von einer dieser Personen - ggf. zu einem günstigen Preis - als Unfallwagen erworben, sodann repariert und im Anschluss als unfallfrei weiterveräußert hat.

Die Pflicht des Verkäufers, den Käufer darüber aufzuklären, dass es weitere nicht in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragenen und dem Käufer daher unbekannte Halter gab, dient gerade auch dazu, den Käufer in die Lage zu versetzen, abzuwägen, ob er das Fahrzeug trotz des hierdurch erhöhten Risikos, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Unfallwagen handelt, der repariert und sodann als unfallfrei weiterveräußert worden ist, erwerben möchte.

Der Verkäufer ist daher verpflichtet, den Käufer über diesen für seine Kaufentscheidung wesentlichen Umstand vor Abschluss des Kaufvertrages zu informieren.

Es kommt hierbei für die Frage der Aufklärungspflicht nicht darauf an, ob die Vorbesitzer das Fahrzeug tatsächlich genutzt haben oder nicht. Maßgeblich ist alleine, dass weitere, nicht in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragenen und dem Käufer unbekannte Personen die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug hatten, dass schon hierdurch das Risiko, dass es zu für den Käufer nicht erkennbaren Unregelmäßigkeiten gekommen war, erhöht wurde.

 

Die unterbliebene Aufklärung über die Anzahl der Vorbesitzer vor Abschluss des Kaufvertrages ist für den im Abschluss des Kaufvertrages liegenden Schaden des Käufers sodann auch ursächlich geworden.

Nach der Rechtsprechung des BGH muss derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, darlegen und beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis unbeachtet gelassen und auch bei wahrheitsgemäßen Angaben des Kaufvertrages sowie Geschehen abgeschlossen hätte (BGH Urt. V. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858).

 

Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen scheidet auch nicht deshalb aus, weil im Anwendungsbereich des Sachmängel Gewährleistungsrechts ein Rückgriff auf diese grundsätzlich nicht zulässig ist.

Zwar ist nach Gefahrübergang von einem grundsätzlichen Vorrang der§§ 434 ff BGB auszugehen, eine Ausnahme ist jedoch bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers geboten (BGH Urt. V. 27.03.2009 – VIII 30/08, NJW 2009, 2120; BGH Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858).

 

Danach sind Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen vorliegend nicht ausgeschlossen. Den der Verkäufer hat dem Käufer nach den für den Senat gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts vorsätzlich verschwiegen, dass es außer einem mitgeteilten Vorbesitzer noch 2 weitere vor Halter des Fahrzeuges gab, die nicht in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen waren.

 

Im Falle sodann eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung vorliegt, kann sich der Verkäufer auch nicht auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen (vgl. BGH, Urt. V. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858).

 

Der Käufer des Fahrzeuges kann daher verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne die unterbliebene Aufklärung gestanden hätte. Weil er dann den Kaufvertrag über das Fahrzeug nicht geschlossen hätte, hat er gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs.

Nachdem dem Käufer der geltend gemachte Anspruch somit schon aufgrund der Verletzung seiner Aufklärungspflicht hinsichtlich des Umstandes, dass der Verkäufer das Fahrzeug nicht vom letzten in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragenen Halter erworben hatte, die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Verkäufer den Kläger auch arglistig darüber getäuscht hat, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Unfallwagen handelte.

 

Soweit der Verkäufer des Fahrzeuges sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet, nachdem er auf das bereits außergerichtliches Schreiben des Käufers  mit dem unterbreiteten Angebot, das Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises an den Verkäufer zu übergeben und zu übereignen, nicht eingegangen ist, vgl. § 295 BGB.

Somit ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass dem Käufer Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen werden.

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