Abrechnung auf Gutachterbasis beim Verkehrsunfall: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Tilo Neuner-Jehle

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Schadensabrechnung auf Gutachterbasis

Fiktiver Reparaturschaden

Fiktiver Reparaturschaden

 

Übersicht

Hiermit ist gemeint, dass in Abweichung von der tatsächlichen Reparatur abgerechnet wird. Nach der neueren Rspr. des BGH kann der Geschädigte sich nun auf das im vorliegende Sachverständigengutachten verlassen.

 

Pflicht zur Vorlage von Belegen ?

Die fiktive Bezifferung des Schadens anhand von einem Gutachten oder Kostenvoranschlag stellt lediglich eine Schätzung des Schadens dar. Es stellt sich nun die Frage, ob der Schädiger das Recht besitzt, sich im Falle einer späteren Reparatur die Reparaturkostenrechnung vorlegen zu lassen, da sich hieraus möglicherweise ein geringerer Schaden ergibt.

Dies wird von der überwiegenden Rspr. abgelehnt (BGH NJW 1989,3009).

 

Stundenverrechnungssätze/Materialaufschläge (UPE-Aufschläge)

Der Geschädigte darf auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, ein geringerer Mittelwert aller regionalen Werkstätten ist nicht maßgeblich (BGH NJW 2003,2086).

Gegen die sog. UPE-Aufschläge kann nur argumentiert werden, wenn der Geschädigte tatsächlich ein Anspruch auf Mietwagen oder Nutzungsausfall zusteht. Diese Position wird jedoch in der Rspr. kontrovers behandelt.

 

Verbringungskosten

Es handelt sich hier um fiktive Kosten dergestalt, als dass nicht alle Werkstätten eine Lackiererei betreiben. Im Falle der Fahrzeugreparatur müsste dieses zur Lackierei verbracht werden, hierdurch entstehen Verbringungskosten. Auch diese sind rglm. erstattungsfähig. Die überwiegende Rspr. gesteht sie dem Geschädigten zu.

 

Fiktive Abrechnung mit anschließender Veräußerung des Fahrzeuges

In diesem Falle besteht für den Versicherer die Möglichkeit dem Geschädigten vorzuhalten, dass er gem. der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht auf der Basis Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert abzurechnen hat.

Daher kommt es vordringlich auf den Zeitpunkt des Enschlusses des Geschädigten an, wann er sein Fahrzeug verkaufen will.

Fasst der Geschädigte unmittelbar nach dem Unfall und vor Reparatur den Entschluß das Fahrzeug zu veräußern, wird ihm zu Recht eine Abrechnung WBW ./. RW vorgehalten.

Fasst der Geschädigte den Veräußerungsentschluß erst nach der Reparatur, z.B. weil er kein Vertrauen mehr in das Fahrzeug hat, ist dies unschädlich (OLG Karlsruhe zfs 1997,53).

Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, wenn der WBW geringer ist als die Kosten einer fiktiven Reparatur. Ist dies nicht der Fall, kann der Geschädigte i.d.R. auf Basis der fiktiven Reparaturkosten abrechnen (BGH VersR 1985,593), selbst wenn er sich ein Ersatzfahrzeug anschafft. Dabei kann er auch die bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich angefallene Mehrwertsteuer bis zur Höhe des Bruttobetrages der (fiktiven) Reparaturrechnung verlangen. Auch bei unterlassener Reparatur und Veräußerung des Fahrzeuges sind die Reparaturkosten nicht um den Restwert des Unfallfahrzeuges zu kürzen (LG Limburg zfs 1999,15).

Eine falsche Beratung über die möglichen Abrechnungsalternativen kann im Gegenzug zu erheblichen finanziellen Nachteilen beim Geschädigten führen.

 

Fiktive Abrechnung und zusätzliche Anforderung der bei der Reparatur tatsächlich entstandenen Mehrwertsteuer

Fraglich hier ist, ob der Geschädigte durch seine Wahl der fiktiven Abrechnung gebunden ist, oder ob er später die dann tatsächlich entstandene Mehrwertsteuer (Nach erfolgter Reparatur) noch verlangen kann.

In einem zunächst gestellten Verlangen nach Schadensersatz im Wege der fiktiven Abrechnung liegt jedenfalls kein Verzicht auf eine Nachforderung (BGH NJW 2004,1943).

Grundsätze der Schadensberechnung bei Abrechnung auf Gutachterbasis

Grundsätze der Schadensberechnung bei Abrechnung auf Gutachterbasis

LG Bochum Urt. v. 09.09.05 zfs 2006, 205

  1. Bei der Abrechnung auf Gutachterbasis bestimmt sich der vom Geschädigten zu beanspruchende Schadensatzbetrag danach, welcher Geldbetrag für eine vollständige, vollwertige und fachgerechte Reparatur in einer anerkannten und voll autorisierten Fachwerkstätte, mithin einer markengebundenen Werkstatt erforderlich ist.
  2. Der Geschädigte ist berechtigt, die Reparaturkosten, deren Ersatz er unabhängig davon beanspruchen darf, ob er voll-, minderwertig oder gar nicht repariert, auf der Grundlage des Schadensgutachtens zu ermitteln und abzurechnen.
  3. Der Geschädigte kann die von dem Gutachter ermittelten Reparaturkosten bei fiktiver Abrechnung in vollem Umfang ersetzt verlangen und kann nicht auf eine Berechnung bei Ausführung der Reparatur in einer anderen Werkstatt mit geringeren Stundenverrechnungssätzen verwiesen werden. Auch bei einem 8 Jahre alten Kraftfahrzeug ist bei fiktiver Abrecnung auf der Grundlage der in einer markengebundenen Fachwerkstätte anfallenden Kosten abzurechnen. Abzüge sind in diesem Falle allenfalls auf der Grundlage „neu für alt“ vorzunehmen.
  4. Da der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist, hat er die freie Wahl der Schadensbehebung und deren Unterlassung. Er kann deshalb nicht auf die Inanspruchnahme einer bestimmten Wertstatt mit geringeren Stundenverrechnungssätzen verwiesen werden. Das gilt auch für die Abrechnung auf Gutachtenbasis.

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