Verweisung auf Billigwerkstatt beim Verkehrsunfall: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart

Spezialist für Unfallabwicklung berät kompetent und qualifiziert : Fachanwalt für Verkehrsrecht Stuttgart Tilo C.L. Neuner-Jehle

 

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Inanspruchnahme der Verweiswerkstatt, die 23 km vom Wohnort des Geschädigten liegt, ist unzumutbar

Inanspruchnahme der Verweiswerkstatt, die 23 km vom Wohnort des Geschädigten liegt, ist unzumutbar
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 03.03.2017 – Az.: 910 C 233/16 –

Die Inanspruchnahme einer Verweiswerkstatt ist dem Geschädigten mit Blick auf ihre Entfernung von ca. 23 km zu seinem Wohnort unzumutbar ist, zumal diese nicht über einen kostenlosen Hol- und Bringservice verfügt. UPE-Aufschläge und Verbringungskosten sind auch bei fiktiver Abrechnung ersatzfähig. Werden solche Kosten in die Kalkulation aufgenommen und in dem Gutachten ausgewiesen, handelt es sich lediglich um unselbstständige Rechnungspositionen im Rahmen der Reparaturkostenermittlung, deren Beurteilung durch den Sachverständigen nicht anders zu behandeln ist als seine hinsichtlich der Arbeitszeit oder des benötigten Materials erfolgte Einschätzung.

Verweisung an Billigwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung beim Verkehrsunfall

Nach der Entscheidung des BGH v. 20.10.09 -VI ZR 53/09- (VW-Entscheidung) ist klargestellt, dass der Geschädigte auch im Falle fiktiver Schadensabrechnung (= auf Gutachterbasis) grundsätzlich weiterhin die Stundenverrechnungssätze der Markenwerkstatt (= markengebundenen Fachwerkstatt) am Ort des Geschädigten zugunde legen kann.

  • Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschaltener Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Bestätigung des Senatsurteils BGHZ 155, 1 ff).
  • Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gem. § 254 II BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Werkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandart her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
  • Aber: Solange das Fahrzeug des Geschädigten noch in der Garantiezeit ist (i.d.R. 3 Jahre), ist eine solche Verweisung unzumutbar.
  • Aber: wenn der Geschädigte nachweist, dass er sein -auch älteres Fahrzeug- bislang ausschließlich in der Markenwerkstatt betreuen ließ (scheckheftgepflegt) kann er ebenfalls nicht auf eine Billigwerkstatt verwiesen werden.
  • Aber: auch wenn ein Fahrzeug mehr als 10 Jahre alt ist und mehr als 100. 000 km Laufleistung besitzt, ist die bisherige "Werkstattloyalität" höher zu gewichten, als eine Schadensminderungspflicht, eine Verweisung auf eine Billigwerkstatt ist auch hier unzumutbar (BGH Urt.v. 22.06.10 -VI ZR 302/08-).

Zumutbare Verweisung auf "Billigwerkstatt" - Alter des Fahrzeugs

Zumutbare Verweisung auf "Billigwerkstatt" - Alter des Fahrzeugs

BGH Urt.v. 07.02.17 -VI ZR 182/16- = BeckRS 2017, 10828 = NJW-Spezial 2017, 169

Der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt ist bei einem über 9 Jahre alten unfallbedingt leicht beschädigten Fahrzeug nicht unzumutbar, wenn dieses Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert wurde, in den letzten Jahren dort jedoch nicht mehr gewartet wurde.

Verweisung auf Billigwerkstatt - echtes Angebot erforderlich

Verweisung auf Billigwerkstatt - echtes Angebot erforderlich

LG Berlin Beschl.v. 16.01.13 -43 S 136/12-

  • nicht zuletzt, nachdem das AG Berlin-Mitte eine erhebliche Zahl von Fällen vorliegen hatte, in dem die Stundensätze der Versicherer erfunden waren und daher die Abt. 111 C das als Prozessbetrug angesehen hatte und an die Staatsanwaltschaft abgegeben, sind bei Verweisung auf sog. "Billig-Werkstätten"  echte Reparaturangebote der Versicherer nötig.
  • Einfache Hinweise auf Werkstätten, deren Qualifikation und deren vorgebliche Preise genügen nicht mehr.

So auch AG Gelsenkirchen Urt.v. 17.06.11 -32 C 436/10-

mit weiteren Nachweisen.

IWW-Abrufnummer 112033

Verweis auf Billigwerkstatt - Vorlage eines Kostenvoranschlages

AG München Urt.v. 20.08.13 -343 C 1379/13- IWW Abruf-Nr.: 133110

Der Geschädigte muss ohne weitere eigene Kalkulation und ohne weitere Nachfrage feststellen können, dass die Reparatur in der benannten Werkstatt günstiger durchgeführt werden kann. Das setzt die Vorlage eines Kostenvoranschlags der Alternativwerkstatt voraus.

Verweis auf Billigwerkstatt - Konkretes Angebot nötig

AG Neu-Ulm Urt.v. 09.10.14 -3 C 991/14-

Verweisung an Billigwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung beim Verkehrsunfall

Werkstattverweis erst im Prozess und nach Reparatur in Eigenregie

BGH Urt.v. 14.05.2013 -VI ZR 320/12 = BeckRS 2013, 09524

Bei einer fiktiven Abrechnung des Schadens kann der Schädiger auch noch im Rechtsstreit auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer technisch gleichwertigen Fachwerkstatt verweisen. Die vor dem Verweis erfolgte Reparatur des Fahrzeugs in Eigenregie ist dabei unbeachtlich.

Verweisung an Billigwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung beim Verkehrsunfall

Porsche-Urteil: BGH NJW 2003, 2086

Grundsätzlich kann der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung seiner Schadensersatzforderungen die Reparaturkostenschätzung zu Grunde legen, die ein von ihm beauftragter Sachverständiger anhand der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt ermittel hat.

 

VW-Urteil: BGH NJW 2010, 606

Es ist dem Schädiger, bzw. dessen Haftpflichtversicherer jedoch möglich, den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt zu verweisen, wenn diese einen der markengebundenen Fachwerkstatt vergleichbaren Standart hat und für den Geschädigten ohne größere Schwierigkeiten erreichbar ist. Die Beweislast für die qualitative Vergleichbarkeit trägt hierbei der Versicherer.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Verwies auf eine günstigere Reparaturwerkstatt für den Geschädigten dann unzumutbar, wenn das Fahrzeug des Geschädigten nicht älter als drei Jahre oder durchgängig in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert und gewartet wurde („scheckheftgepflegt“). Hierfür trägt der Geschädigte die Beweislast.

 

LG Berlin, Urt. v. 15.12.2001, -58 S 169/08, zitiert nach juris

AG Stuttgart, Hinweisbeschluss v. 24.09.12 -44 C 3447/12

Der Versicherer kann den Geschädigten nur im Rahmen des Regulierungsverfahrens, nicht jedoch im laufenden Rechtsstreit auf eine Alternativwerkstatt verweisen. Denn gegen seine Pflicht zur Schadensminderung kann der Geschädigte dann nicht mehr verstoßen.

Änderung der Rechtsprechung zur Verweisung auf "Billigwerkstatt" ?

Verweisung auf Billigwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung

AG Hamburg Urt.v. 20.11.14 -50a 220/12- Der Verkehrsanwalt 2015, 47

  1. Jedenfalls dann, wenn wie hier die konkrete Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen und damit der Umfang eines etwaig zugesagten Auftragsvolumens sowie die Frage, in welchem Verhältnis jährliche Aufträge für Versicherungen und Privatkunden abgewickelt werden, unbekannt sind, steht eine solche vertragliche Verbindung einer Verweisung des Geschädigten an diese Partnerwerkstatt des Schädigers entgegen.
  2. ...
  3. Der Geschädigte muss sich wegen der im Rahmen von § 249 Abs.1 S.1 BGB gebotenen subjetbezogenen Betrachtungsweise nicht auf einen erst vom Schädiger eröffneten Sondermarkt verweisen lassen.
  4. Das erkennende Gericht schließt sich der Auffassung Landgerichts Hamburg (Urt.v. 13.05.14 -302 S 8/12) und des Hanseatischen Oberlandesgericht (Beschl.v. 28.04.14 -14 U 10/14) an, dass dem Sinn und Zweck der in § 249 Abs.2 S.1 BGB normierten Ersetzungsbefugnis eine Verweisung nicht nur dann ausgeschlossen ist, wenn innerhalb desselben Betriebs unterscheidliche Preise existieren, etwa für den "Versicherungskunden" oder normale "Privatkunden", sodern dies z.B. auch dann der Fall sein kann, wenn die Werkstatt nahezu ausschließlich für Versicherungen tätig wird, oder - abhängig von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung- eine dauerhafte vertragliche Verbindung besteht.

 

Verweisung auf andere Werkstatt

Verweisung auf andere Werkstatt

AG Schweinfurt Urt.v. 30.06.2011 -3 C 331/11-

 

Die Verweisung auf eine andere Werkstatt ist nur dann zu berücksichtigen, wenn sie für den Geschädigten mühelos und ohne weiteres zugänglich ist. Das ist bei einer Entfernung von 25 km nicht der Fall.

Verweisung auf "Billigwerkstatt"

Verweisung auf "Billigwerkstatt"

AG Ahlen Urt. v. 13.01.2012 -30 C 82/11-

 

Voraussetzung für eine anderweitige qualifizierte Werkstatt sind deren Ausstattung, Personal nebst Schulung.

Fiktive Abrechnung - Billigwerkstatt

Fiktive Abrechnung - Billigwerkstatt

AG Saarlouis Urt.v. 21.12.2011 -26 C 2093/10(11)-

 

Die Reparaturkosten sind grundsätzlich an den Kosten einer Fachwerkstatt auszurichten, dies nur dann nicht, wenn der Schädiger darlegt und beweist, dass eine zumutbare freie Werkstatt preisgünstiger ist.

Markenloyalität bei Verweisung auf Billigwerkstatt

Markenloyalität bei Verweisung auf Billigwerkstatt

AG Bonn Urt.v. 11.02.10 -16 C 27/09-

AG Trier Urt.v. 29.12.09 -8 C 217/09-

Abzustellen ist nur auf die Markenloyalität zur Besitzzeit des Geschädigten am Fahrzeug an. Hat er das Fahrzeug gebraucht erworben, ist die davor liegende Wartungs- und Reparaturhistorie nicht von Belang.

Versicherungssonderpreise bei Werkstattverweis

Versicherungssonderpreise bei Werkstattverweis

BGH Urt.v. 22.06.10 -VI ZR 337/09-

Der Verweis auf eine andere Werkstatt ist dann unzumutbar, wenn diese wegen Versicherungssonderkonditionen billiger ist.

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