Der Sachverständige beim Verkehrsunfall: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart
Spezialist für Unfallabwicklung berät kompetent und qualifiziert : Fachanwalt für Verkehrsrecht Stuttgart Tilo C.L. Neuner-Jehle
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Sachverständiger beim Verkehrsunfall
Sachverständigengutachten:
Ziel des Geschädigten sollte sein, zur Bezifferung seines Schadens ein Gutachten einzuholen. Ein Gutachten hat folgende Vorteile:
Durch das Gutachten wird zweifelsfrei geklärt, ob ein
Reparaturschaden oder ein Totalschaden vorliegt, d.h.
das Fahrzeug noch Reparaturwürdig ist.
Die Vorlage des Gutachtens ermöglicht die fiktive Abrechnung
im Falle der Geschädigte ein Neufahrzeug will.
Das Gutachten hat beweissichernden Charakter, da es i.d.R.
die Unfallbedingten Schäden am Fahrzeug dokumentiert.
Allgemein:
Der Geschädigte hat das Recht bei fremdverschuldetem und fremdverursachten Unfallschaden ein Sachverständigen-gutachten einzuholen (OLG Stuttgart NJW 1974,951). Besteht diese Recht jedoch auch, wenn der Geschädigte, bzw. sein Versicherer bereits ein Gutachten eingeholt hat ?
Dieses Recht besteht zum einen aus dem Grundsatz der Waffengleichheit. Es gilt umso mehr, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des ggn. Gutachtens vorliegen (KG VersR 1977, 155 f).
Bei Anmeldung des Schadens bei der gegnerischen Versicherung erhalten die Geschädigten regelmäßig Bestätigungsschreiben mit teils dubiosen Verhaltenshinweisen bei der Abrechnung des Schadens und Hinweisen auf die Schadensminderungspflicht.
Es findet sich auch der Hinweis, dass die Abrechnung des Schadens bis zu einer bestimmten Schadenshöhe auf der Basis eines Kostenvoranschlages vorgenommen werden müsste. Auch in diesem Fall verstößt der Geschädigte nicht gegen die ihm obligende Schadensminderungspflicht, er kann jederzeit ein Sachverständigengutachten einholen (AG Karlsruhe DAR 1999,554), soweit der Schaden einen Betrag von € 600,- übersteigt.
Kostenrisiko der Haftungsquote
Dem Vorteil der Einholung eines Gutachtens stehen jedoch auch Nachteile gegenüber. Der Schädiger trägt jeweils nur den Schaden gem. seines Haftungsanteils. Liegt dieser bei z.B. 80 %, so trägt der Geschädigte 20 % der Gutachterkosten selbst. Dies gilt i.ü. bezüglich jeder weiteren Schadensposition.
In diesem Falle und soweit abzusehen ist, dass den Geschädigten ein Mitverschuldensanteil am Unfall trifft, ist zu prüfen, inwieweit er Kosten vermeidet, indem er sich mit einem Kostenvoranschlag behilft oder durch den ggn. Versicherer ein Gutachten veranlaßt.
Bagatellfallgrenze
Im Fall die Kosten für die Einholung eines Gutachtens in keinem angemessenen Verhältnis zur Schadenshöhe stehen, kann es dem Geschädigten obliegen, auf ein Gutachten zu verzichten und einen Kostenvoranschlag einzuholen.
Dieser kostet meist zwischen 10 und 15 % des Schadens und wird häufig mit deiner späteren Reparatur verrechnet. Auch die Kosten für den Kostenvoranschlag hat der ggn. Versicherer zu tragen.
Die Bagatellfallgrenze ist nicht starr und wird von verschiedenen Gerichten unterschiedlich hoch in Ansatz gebracht. Derzeit und je nach Gericht liegt sie zwischen 700,- und 750,- €.
Ausnahmen werden jedoch gemacht, wenn zu befürchten ist, dass außer den sichtbaren Fahrzeugschäden noch weitere vorliegen könnte, z.B. bei Anstoß gegen Radlauf etc., ferner bei Unfallflucht aus Beweisgründen.
Überhöhte Sachverständigenkosten
Rglm. hat der ggn. Versicherer die Sachverständigenkosten zu ersetzen. In der Praxis werden diese jedoch oft in unterschiedlicher Höhe ausgestellt.
Nach der Rspr (AG Darmstadt zfs 2000,65; AG Bochum DAR 1996,97; AG Kassel 1995,15; u.v.m.) ist der Geschädigte nicht dazu verpflichtet vor Beauftragung eines Sachverständigen einen Preisvergleich durchzuführen. Vielmehr kann der Sachverständige sein Honorar nach beiliegendem Ermessen festsetzen (AG Westerburg zfs 2002,72).
Auswahl des Sachverständigen
Hier ist der Geschädigte grds. frei. Problematisch kann es jedoch werden, wenn der Sachverständige ein fehlerhaftes Gutachten erstellt, welches für die Abrechnung des Schadens unbrauchbar ist.
Grds. ist der Versicherer nur berechtigt die Koten für den Sachverständigen abzulehnen, wenn das Gutachten als neutrale Abrechnungsgrundlage nicht geeignet ist und die falschen bzw. unbrauchbaren Angaben auf ein schuldhaften Fehlverhalten des Geschädigten zurückzuführen sind (OLG Hamm r+s 1993,102). Voraussetzung ist, dass dem Geschädigten ein eigenes Verschulden zur Last fällt, das für das falsche Gutachten ursächlich ist oder dem Sachverständigen gegenüber falsche Angaben gemacht wurden. Ein Auswahlverschulden fällt aus, wenn der Sachverständige über eine technische Ausbildung verfügt und schon mehrere Jahre am Markt ist. (LG Düsseldorf zfs 2000, 538).
Auch der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 11.02.14 (BGH NJW 2014, 1947) entschieden, dass ein Geschädigter sich damit begnügen darf, den in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Der Geschädigte muss hier keine Marktforschung nach einem günstigen Sachverständigen anstellen. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast regelmässig durch Vorlage der Sachverständienrechnung. Dies stellt sodann den erforderlichen Geldbetrag zur Schadensbeseitigung dar.
fehlerhaftes Schadensgutachten
AG Frankfurt: Ein Unfallverursacher, bzw. dessen Autoversicherer muss auch die Kosten eines fehlerhaften Schadensgutachten bezahlen
Der Verursacher eines Verkehrsunfalls muss dem Geschädigten auch dann die Kosten eines zur Feststellung der Unfallschäden erforderlichen Privatgutachtens erstatten, wenn das Gutachten Fehler hat. Fehler in einem Schadensgutachten könnten nicht zu Lasten des Geschädigten gehen ! Das geht aus einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main hervor, welches die Entscheidung nunmehr veröffentlicht hat (Urteil vom 24.10.2018, Az.: 31 C 1884/16 (17)).
Umfang einer Abtretungs- und Weiterabtretungsklausel im Sachverständigenauftrag
Umfang einer Abtretungs- und Weiterabtretungsklausel im Sachverständigenauftrag
BGH Urt.v. 24.10.17 –VI ZR 504/16- NJW 2018, 455
- übernimmt ein Kfz Sachverständiger mit der Erstellung von Schadensgutachten zugleich die Einziehung des vom jeweiligen Geschädigten an ihn abgetretenen Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten, so liegt in der Einziehung dieser Schadensersatzansprüche kein eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 II RDG. Wie häufig der Sachverständige entsprechend verfährt, ist nicht erheblich.
- Stellt die Geltendmachung der an den Sachverständigen abgetretenen Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen eine Rechtsdienstleistung nach § 2 I RDG dar, so ist sie nach§ 5 I RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Forderung im Streit steht.
- Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierenden Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut.
- …
- Ist der Umfang einer im Gutachten Auftrag enthaltenen Klausel über die Weiterabtretung einer Forderung an die Verrechnungsstelle unklar, geht dies zulasten des Klauselverwenders.
Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Zweitgutachtens
Hörl in Berz/Burrmann, Hdb des Str.verk.rechts, 36.Aufl. Dez.16, Kap.10 E Rn 397-399, NJW-Spez. 2017, 363
Nach überwiegender Auffassung (so auch LG Bamberg, Urt.v. 13.04.17 -3 S 88/16- = BeckRS 2017, 109252) ist der Geschädigte stets berechtigt, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen, selbst dann, wenn der Schädiger, bzw. dessen Versicherer bereits ein Gutachten beauftragt hat.
Ausnahmen zu diesem Grundsatz gelten nur dann, wenn der Geschädigte einen offensichtlich unbrauchbaren Sachverständigen beauftragt. Auch beim Bagatellschadensfall ist ein Schadensgutachen nicht nötig. Wann ein solcher vorliegt, ist Einzelfallentscheidung. Meist ist dies der Fall, wenn ein Schaden von unter 800,- € vorliegt. Tatsächlich orientiert sich ein Bagatellschadensfall nicht an der Höhe des Unfallschadens, sondern daran, ob es sich um einen rein oberflächlichen Schaden handelt und dies auch für einen Laien bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar war. (Jahnke in Burrmann/Heß/Hühnermann/Janke/Janker, § 249 BGB Rn. 163).
Somit kann auch ein Auffahrschaden, oder Schaden am Radlauf einen Gutachter rechtfertigen, da der laie nicht weiß, ob noch einer nicht sichtbarer Schaden vorliegt.
Erforderlichkeit eines Sachverständigen für Reparaturkosten
Erforderlichkeit eines Sachverständigen
AG Hamm Urt.v. 03.09.2012 -24 C 567/12-
Der Verkehrsanwalt 2012,168
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist grundsätzlich erforderlich, es sei den, die Reparaturkosten betragen -auch für den laien ersichtlich- weniger als die Bagatellfallgrenze, welche bei 700,- bis 800,- € liegt. Sodann hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der ortsüblichen Sachverständigenkosten. Sie sind jedenfalls dann als ortsüblich anzusehen, wenn sie sich innerhalb der BVSK-Honorarbefragung bewegen.
Telefonischer Gutachtenauftrag
Telefonischer Gutachtenauftrag
AG Biberach Urt.v. 04.04.12 -2 C 1158/11-
Für eine wirksame Beauftragung eines Sachverständigen zur Erstellung eines Schadensgutachtens ist es nicht erforderlich, dass der Geschädigte mit dem Gutachter persönlich in Kontakt tritt.
Verpflichtung zur Einholung eines verkehrsanalytischen Gutachtens beim Verkehrsunfall
Verpflichtung zur Einholung eines verkehrsanalytischen Gutachtens beim Verkehrsunfall
OLG München Urt.v. 14.03.14 -10 U 2996/13- BeckRS 2014, 06114 = NJW-Spez. 2014, 202
Das unberechtigte Übergehen eines Beweisantrags stellt einen Verstoß gegen § 286 I ZPO dar.
Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen
Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen
AG Fulda Urt.v. 05.05.15 -33 C 3/15- Der Verkehrsanwalt 2015, 205
- Ob und wie der zu bezahlende Geldbetrag für die Reparatur des Fahrzeuges verwendet wird, liegt im Rahmen der Dispositionsbe4fugnis des Klägers.
- Dass der Kläger die Reparatur des Fahrzeuges hier in Eigenregie durchgeführt hat, spielt damit für die Abrechnung der fiktiven Herstellungskosten keine Rolle. Der zu zahlende Geldbetrag muss daher lediglich zur Herstellung erforderlich sein.
- Nur mithilfe einer Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen kann der Halter eines Fahrzeugs bei einem weiteren Schadensfall beweisen, dass die Reparatur fach- und sachgerecht durchgeführt wurde.
- Vor dem hintergrund, dass unfallbezogene Daten in der HIS-Datei von dem Versicherten heutzutage gespeichert werden, erscheint ein solches Vorgehen für den Halter eines Fahrzeugs auch notwendig und zweckmäßig.
- Die Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen hat gegenüber den Daten der HIS-Datei schon deshalb höhere Beweiskraft als eine reine Reparaturrechnung, da sie darüber hinaus über die fach- und sachgerechte Reparatur Auskunft gibt.
- Jeder verständige, wirtschaftlich denkende Halter eines Fahrzeugs würde die Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen demnach für notwendig halten, um den Eintrag in der HIS-Datei widerlegen und so einen Zustand herbeiführen zu können, der dem vor dem Verkehrsunfall gleicht - nämlich, dass das Fahrzeug keinen Schaden hat.
- Damit ist die Reparaturbestätigung zur Schadensbehebung - also zur Herstellung des Zustandes vor dem Verkehrsunfall - erforderlich.
Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein Zweitgutachten
LG Bamberg, Urt.v. 13.04.17 -3 S 88/16- BeckRS 2017, 108252 = NJW-Spez. 2017, 363
Jedenfalls dann, wenn das Erstgutachten vom Schädiger oder dessen Hapftpflichtversicherer in Auftrag gegeben worden ist und aus Sicht des Geschädigten begründete Zweifel an seiner Richtigkeit bestehen, sind die Kosten für ein Zweitgutachten erstattungsfähig.
Anm.:
Grundsätzlich darf der Geschädigte selbst ein Schadensgut-achten in Auftrag geben, selbst wenn der Schädigerversicherer ein solches ebenfalls scshon beauftragt hat.
Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen wie folgt:
- den Geschädigten trifft ein Verschulden bei der Auswahl eines
völlig ungeeigneten Sachverständigen
- der Geschädigte kennt die Unbrauchbarkeit des Gutachtens,
insbesondere wenn er diese selbst herbeigeführt hat,
- das Gutachten war nicht zur zweckentsprechenden Rechts-
verfolgung nötig. Dies ist im Falle von Bagatellschäden der Fall.
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