Neuwagen beim Verkehrsunfall: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Verkehrsrecht Stuttgart

Spezialist für Unfallabwicklung berät kompetent und qualifiziert : Fachanwalt für Verkehrsrecht Stuttgart Tilo C.L. Neuner-Jehle

 

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Anspruch auf Neuwagen beim Verkehrsunfall

Neuwagenabrechnung (unechter Totalschaden)

Hier hat der Geschädigte das Recht den Schaden auf Neuwagenbasis abzurechnen, wenn die Reparatur zwar technisch möglich, jedoch wirtschaftlich unvernünftig ist.

Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug absolut neuwertig ist und einen erheblichen Unfallschaden erleidet. Hierbei kann es sich um einen PKW, oder ein Motorrad handeln (SchlH OLG VersR 1985,373). Dass es sich bei dem Unfallfahrzeug um ein Leasingfahrzeug handelt steht der Neuwagenabrechnung nicht entgegen (OLG Stuttgart VersR 1983,92).

Str. ist, ob sich der Geschädigte aber auch ein Neufahrzeug zulegen muß um auf Neuwagenbasis abzurechnen. Nach der jetzt vorherrschenden Rspr. scheidet eine fiktive Abrechnung hier aus (OLG Nürnberg zfs 1991,45).

 

Neuwertigkeit des Fahrzeuges

Die Neuwertigkeit wird am Fahrzeugalter und seiner Laufleistung festgemacht. Grds. darf das Fahrzeug nicht länger als 1 Monat in Gebrauch sein, seine Laufleistung sollte 1. 000 km nicht übersteigen (OLG Hamm zfs 2000,63).

Hiervon gibt es Ausnahmen, da unfallfreie Fahrzeuge auf dem Markt mit einer derart geringen Laufleistung kaum erhältlich sind:

-          Es sind Teile beschädigt, die für die Sicherheit des                Fahrzeuges von Bedeutung sind und bei denen trotz Reparatur ein Unsicherheitsfaktor verbleibt (LG Saarbrücken zfs 2002,282)

-      Nach einer Reparatur verbleiben erhebliche Schönheitsfehler

-    Die Reparatur kann die Garantieansprüche des Geschädigten zumindest beweismäßig gefährden und die Gegenseite erklärt nicht alsbald nach dem Unfall verbindlich ihre Einstandspflicht

 

In der neueren Rspr. wird die Nutzungszeit auf bis zu drei Monate ausgedehnt (OLG Hamm VersR 1995,930; OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 254). In erster Linie ist die Fahrleistung maßgeblich.

 

Erheblichkeit des Schadens

Hier kann zunächst auf obige Ausführungen verwiesen werden.

Erheblich kann ein Schaden auch sein, wenn der Schaden die Garantieansprüche des Geschädigten gefährdet (OLG Stuttgart r+s 1993,420). Das OLG Oldenburg (zfs 1997,136) vertritt die Auffassung, dass von einem erheblichen Schaden immer dann auszugehen sei, wenn an dem Unfallfahrzeug Lackierarbeiten vorgenommen werden müssten, da in diesem Fall das Risiko späterer Farbabweichung oder Farbveränderungen bestehe.

 

Schadensabrechnung

Zunächst wird der Geschädigte auf der Basis des Wiederbeschaffungskosten für ein Neufahrzeug zum Zeitpunkt der Schadensregulierung entschädigt.

Hiervon kann ein Restwert des Altfahrzeuges in Abzug gebracht werden (BGH NJW 1983,2694). Somit kann der Geschädigte sich nach Veräußerung des Altfahrzeuges und der zu zahlenden Restentschädigung ein Neufahrzeug kaufen.

Hier ist anzumerken, das der Geschädigte auch das Recht hat, das Altfahrzeug dem Versicherer gem. § 255 BGB anzubieten (OLG Köln NZV 1993, 188f), eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht (KG NJW-RR 1987,16). In einem solchen Falle braucht sich der Geschädigte den Restwert grds. nicht anrechnen zu lassen (BGH NJW 1983,2694). Nur wenn allein der Geschädigte die Möglichkeit besitzt, ein entspr. Restwertangebot wahrzunehmen, muss er dies tun.

 

Gebrauchsvorteile

Die Höhe des Abzuges für gezogene Nutzung (Fahrkilometer zum Unfallzeitpunkt) ist nicht abschließend geklärt. Sie können zwischen 1 2 % des Anschaffungslistenpreises als „Abschreibungsverlust“ oder pauschal 0,08 € betragen (OLG Oldenburg MDR 1997,743).

In Betracht kommt ein Abzug jedoch erst dann, wenn das Fahrzeug bereits mehr als 1. 000 km gefahren ist (BGH NJW 1983, 2694).Dann kann es angebracht sein, je gefahrene 1000 km einen Abzug von 1 % vom Neupreis vorzunehmen.

 

Check-Liste:

 

Neuwagen erleidet erheblichen Schaden

 

PKW darf sei Erstzulassung grds. nicht länger als 1 Monat, in jedem Falle jedoch 3 Monate in Gebrauch sein.

 

Laufleistung darf bei Schadenseintritt grds. nicht mehr als 1. 000 km betragen. Ausnahme bei schwerem Schaden, verbleibenden Schönheitsfehlern oder Beweisgefährdung bis zu 3. 000 km.

 

Berechnung:

   WBW des Neufahrzeuges minus Restwert des Unfallfahrzeuges

 

Wird dem Schädiger das Fahrzeug zur Übernahme angeboten, besteht Anspruch auf Neuwagenpreis.

 

Ab 1. 000 km Laufleistung i.d.R. kein Abzug für bisherige Nutzung.

Die Voraussetzungen für eine Neuwertentschädigung im Falle eines Verkehrsunfalles sind:

  • Neufahrzeug mit Erstzulassung ich über einen Monat bis zum Unfallereignis
  • regelmäßig nicht mehr als 1000 km Laufleistung Unfallereignis
  • erheblicher Schaden am Unfallfahrzeug

 

Bundesgerichtshof hierzu:

 

Wenn das Fahrzeug nicht älter ist als einen Monat (starre Grenze!) und nicht mehr als 1.000 km Laufleistung aufweist (elastische Grenze) und erheblich beschädigt ist (Schraubteile reichen nicht, Richtarbeiten als Minimum), kann der Geschädigte einen Neuwagen beanspruchen (konkret)

(= BGH, Urteil v. 9.6.2009 –VI ZR 110/08)

 

Auf dieser Grundlage ist zur Sache wie folgt auszuführen:

 

Nutzungsdauer bis zu einem Monat

die Grenze für eine Abrechnung auf Neupreisbasis liegt zeitlich bei einer Nutzungsdauer bis zu einem Monat. Es handelt sich hierbei um eine starre Grenze, welche nicht überschritten werden darf.

 

Geringe Laufleistung

die Rechtsprechung hat hier eine Grenze von 1000 km Laufleistung entwickelt. Hier handelt es sich um eine elastische Grenze, so dass diese auch geringfügig überschritten werden kann. Erst ab einer Laufleistung von 3000 km scheidet ein Anspruch auf Neuwertersatz definitiv aus. Regelmäßig ist eine Überschreitung der Laufleistung von 1000 km zulässig, wenn bei objektiver Beurteilung der frühere Zustand durch eine Reparatur auch nicht annähernd wiederhergestellt werden kann (vgl. BGH VersR 1984,46).

 

Erheblicher Fahrzeugschaden

im Prinzip muss hier das Gericht feststellen, dass die Weiternutzung Unfallfahrzeuges unzumutbar war. Die Begründung für eine Unzumutbarkeit wird meist aufgrund eines „erheblichen“ Fahrzeugschadens begründet (OLG Nürnberg Urt.v. 15.08.08 = NZV 2008, 559). Diese Unzumutbarkeit kommt dann in Betracht, wenn Gewährleistungsansprüche zumindest beweismäßig gefährdet sind (BGH Urt.v. 04.03.76 = NJW 1976, 1202). Regelmäßig wird auch die Erheblichkeit eines Fahrzeugschadens an der Herstellergarantie festgemacht.

Regelmäßig wird auch bei erheblichen, mit massiven Eingriffen in die Fahrzeuges Substanz verbundenen Fahrzeugschäden darauf abgestellt, dass dem Fahrzeug der „Nimbus“ als nagelneues Fahrzeug genommen wird, mit dem eine besondere, sich auf seinen Verkehrswert aus wirkende Wertschätzung verbunden ist (OLG Zweibrücken Urt.v. 28.01.08 SP 2004, 160).

Wenn durch Reparatur arbeiten zum Beispiel die Herstellergarantie hinsichtlich des werkseitigen Korrosionsschutzes entfallen kann, kommt ein Anspruch auf neue Preisersatz auch dann in Betracht, wenn die Reparaturkosten nur 13 % des Neupreises betragen  (LG Mönchengladbach DAR 2006, 331 f).

Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis ist nur dann zulässig, wenn ein fabrikneues Auto erheblich beschädigt worden ist. Karosserie oder Fahrwerk des Pkw müssen so stark beschädigt sein, dass sie in wesentlichen Teilen wieder aufgebaut werden müssen. Ein Unfallgeschädigter kann nicht auf Neuwagenbasis abrechnen, wenn lediglich gebrauchte Teile eines beschädigten Pkws ausgewechselt werden müssen. Dies gilt auch dann, wenn diese Bauteile Sicherheit relevant sind (OLG Schleswig (NZV 2009, 298).

 

Auch das OLG Hamm (r+s 2012, 413) hat entschieden, dass eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nur ausnahmsweise und nur bei erheblicher Beschädigung des Fahrzeuges in Betracht kommt. Sie sei alleine deshalb gerechtfertigt, weil der Sachverständige die Feststellung weiterer Schäden nach Demontage des Fahrzeuges nicht ausgeschlossen hat.

Neuwertentschädigung nach BGH

BGH Urt.v. 09.06.09 -VI ZR 110/08-

Wenn das Fahrzeug bei Verunfallung nicht älter als einen Monat (starre Grenze) und nicht mehr als 1.000 km Laufleistung aufweist (elastische Grenze) und erheblich beschädigt ist (Schraubteile reichen nicht, Richtarbeiten Minimum) kann der Geschädigte einen Neuwagen beanspruchen (konkret).

OLG Hamm, Az.: 9 U 5/18, Beschl. BeckRS 2018, 11301; Hinweisbeschluss vom 10.04.2018 (BeckRS 2018, 11300)

 

Ein circa sechs Wochen zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug mit einer Laufleistung von circa 3.300 Kilometern kann nicht mehr als Neuwagen angesehen werden, sodass nach einem Unfall eine Schadensberechnung auf Neuwagenbasis ausscheidet. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Hinweisbeschluss vom 10.04.2018 (BeckRS 2018, 11300) und Beschluss vom 29.05.2018 entschieden (Az.: 9 U 5/18, BeckRS 2018, 11301).

Art der Beschädigung bei Abrechnung auf Neuwagenbasis

Art der Beschädigung bei Abrechnung auf Neu- wagenbasis

Bei den für diese Abrechnungsart nötigen erheblichen Beschädigungen am Fahrzeug ist nicht lediglich auf die Reparaturkosten und deren Relation zum Kaufpreis abzustellen, sondern auch auf die Art der Beschädigung und deren Beseitigung. Sind Teile beschädigt, die schlicht spurenlos ausgewechselt werden können, so ist eine Reparatur zumutbar, und die Abrechnung hat auf der Basis dieser ermittelten Kosten zu erfolgen.

OLG Celle NJW 2004, 586

Abrechnung auf Neuwagenbasis

Abrechnung auf Neuwagenbasis

Zeitliche Grenze für die Abrechnung auf Neuwagenbasis

Bei der Faustformel, dass eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nur bei Gebrauch bis zu einem Monat gilt, kommt es nicht darauf an, ob und wie lange innerhalb dieser Zeit der Geschädigte das Kraftfahrzeug nutzen konnte.

LG Schweinfurt Urteil v. 03.03.05 –21 O 959/04 = NJW-RR 2005-1110

Abrechnung auf Neuwagenbasis

Abrechnung auf Neuwagenbasis

OLG Hamm -13 U 33/11- r+s 2012, 413

Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis kommt nur ausnahmsweise und nur bei erheblicher Beschädigung des Fahrzeuges in Betracht. Sie ist allein deshalb gerechtfertigt, weil der Sachverständige die Feststellung weiterer Schäden nach Demontage des Fahreugs nicht ausgeschlossen hat. Einem hohen merkantilen Minderwert kommt insoweit nur indizielle Bedeutung zu.

Neuwertentschädigung

 

Wenn das Fahrzeug nicht älter ist als einen Monat (starre Grenze!) und nicht mehr als 1.000 km Laufleistung aufweist (elastische Grenze) und  erheblich beschädigt ist (Schraubteile reichen nicht, Richtarbeiten als Minimum), kann der Geschädigte einen Neuwagen beanspruchen (konkret) •(BGH, Urteil v. 9.6.2009 –VI ZR 110/08)

 

Neuwertentschädigung bei Tageszulassung

  • Bei manchen Marken werden weit mehr als die Hälfte aller Neuwagen zunächst auf den Händler zugelassen,  ohne dass sie benutzt werden
  •  Tages-oder Kurzulassungen
  • Welchen Einfluss hat das auf einen Neuwertentschädigungsfall?

 

Neuwertentschädigung bei Tageszulassung

  • War das Fahrzeug nur kurz formal zugelassen und wieder abgemeldet (sog. Tageszulassung) oder stand es angemeldet rum, bis sich ein Käufer erbarmt hat?
  • In letzterem Fall dürfte ein Neuwertanspruch nicht gegeben sein, im ersten Fall hat der Geschädigte gute Chancen. Er kann mit dem kaufrechtlichen Urteil des BGH vom 12.01.2005 -VIII ZR 109/04 argumentieren, wonach auch ein Pkw mit Tageszulassung  unter solchen Umständen fabrikneu ist
  • Aber ein Urteil aus dem Schadenrecht zu dieser Frage kennen ist mir nicht bekannt. Das Eis ist also dünn.

Nutzungsausfall bei Abrechnung auf Neuwagenbasis

Nutzungsausfall bei Abrechnung auf Neuwagenbasis

OLG Koblenz -12 U 1265/13-  s.a unter Nutzungsausfall

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